top of page
AutorenbildEmre Can Anlar

Serviceorientierung als Schlüssel: Neue Perspektiven für öffentliche Ladenetzwerke

In einer Welt, in der Elektromobilität zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist es unerlässlich, innovative und nutzerorientierte Lösungen für die Herausforderungen der Branche zu finden. Dr. Andreas Pfeiffer, bekannt für seine umsetzungsorientierte Herangehensweise und Expertise in serviceorientierten Geschäftsmodellen und digitaler Transformation, gibt in unserem heutigen Interview Einblicke in die Zukunft der Elektromobilität und die Rolle von öffentlichen Ladenetzwerken. Basierend auf den Erfahrungen seines Teams bei energieparkmakler und seinem fundierten Verständnis der Service-Dominant Logic – einem Ansatz, der Dienstleistung statt Produkt im Mittelpunkt sieht und den Kunden als aktiven Mitgestalter des Wertes betrachtet – bietet Dr. Pfeiffer eine einzigartige Perspektive auf die Gestaltung eines nachhaltigen und kundenfreundlichen Ladeerlebnisses.



Wie würden Sie die Rolle von öffentlichen Ladenetzwerken angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Elektromobilität bewerten?

Dr. Pfeiffer: Öffentliche Ladenetzwerke sind ein entscheidender Bestandteil der Elektromobilitätsinfrastruktur. Sie müssen jedoch über das bloße Laden von Fahrzeugen im öffentlichen Raum hinausgehen und sollten als Teil eines umfassenden Serviceökosystems betrachtet werden, das Technologie, Nachhaltigkeit und Nutzererfahrung integriert. Ich beobachte leider immer noch, dass gerade letztere häufig noch als eher technologisch orientierte Nutzererfahrung und nicht als ganzheitliche Erfahrung des Nutzers verstanden wird.


Können Sie das näher erläutern?

Dr. Pfeiffer: Ladestationen für Elektrofahrzeuge sollten in einladende Umgebungen eingebettet werden, wobei die Kooperation mit 'Hosts' wie Cafés, lokalen Geschäften oder Einkaufszentren entscheidend ist, um während des Ladens ein angenehmes Erlebnis mit Optionen wie Essen, Einkaufen oder Entspannen zu bieten. Diese Hosts sind zentral für die Schaffung einer angenehmen Atmosphäre und zusätzlicher Services, die das Ladeerlebnis bereichern oder eben Basisservices wie eine Toilette bereitstellen. Unser Ziel ist es, das Laden als integralen, angenehmen Teil des täglichen Lebens zu etablieren, wobei schon bestehende Konzepte wie 'BK world' und 'REWE ready' oder auch die Anforderungen der Nationalen Leitstelle Ladeinfrasturktur für das Projekt "Deutschlandnetz" vielversprechende Ansätze zeigen. Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung, aber schon jetzt können Ladenetzbetreiber in Zusammenarbeit mit bestehenden Hosts ausgezeichnete Ergebnisse erzielen und zu einer Win-Win-Win-Situation am Standort beitragen.


Welche spezifischen Empfehlungen würden Sie einem Betreiber eines Ladenetzwerks geben, um ein solches Modell umzusetzen?

Dr. Pfeiffer: Ein Ladenetzwerkbetreiber sollte ein Geschäftsmodell anstreben, das eine starke Serviceorientierung aufweist. Bisher umfasst dies im Idealfall noch eher Technologie und umsetzungsorientierte Partnerschaften mit Energieversorgern, Technologieanbietern und lokalen Behörden. Dadurch können Netzwerk intelligente Ladelösungen bieten, die auf die volatilen Bedingungen des Energiemarktes und die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Hierzu gehört heute leider noch nicht immer ein flexibles Preismodell, das sich an die Energiepreise anpasst.

Unter der eben aufgeführten ganzheitlichen Betrachtung stellen aber gerade die Beziehungen zum lokalen Standortpartner, den wir gerne als Host bezeichnen, eine neue und durchaus komplexe Beziehung dar, die einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Geschäftsmodells hat. Die oben genannten Aspekte sehe ich hier eher als notwendige Bedingung. In unserer Arbeit bei energieparkmakler konzentrieren wir uns daher auch auf diese neuen und wichtigen Aspekt der Integration der Geschäftsmodelle von Standortpartnern und Ladenetzen.



Wie trägt energieparkmakler denn zu einer höheren Serviceorientierung bei und welchen Vorteil hat das für das Geschäftsmodell "Schnellladung"?

Dr. Pfeiffer: Bei energieparkmakler, einer Initiative der greenventors, agieren wir als Brückenbauer zwischen den Standorteigentümern, wie Restaurant- und Tankstellenbetreibern oder Handelsunternehmen, und den Betreibern von Schnellladenetzen. Unsere Hauptaufgabe ist es, diese Hosts zu identifizieren, über die Vorteile der Elektromobilität aufzuklären und sie im Matchmaking-Prozess mit potenziellen Betreibern zu unterstützen. Dabei liegt unser Fokus darauf, sicherzustellen, dass an diesen Standorten ein optimales Serviceerlebnis für die Nutzer von Elektrofahrzeugen geschaffen wird. Unser Ansatz geht über die technische Seite hinaus, indem wir ein positives Nutzererlebnis fördern, das durch die richtigen Hosts und Standorte unterstützt wird. Wir arbeiten daran, Ladestationen in ein umfassendes Serviceangebot zu integrieren, indem wir die besten Partner für jeden Standort finden. So tragen wir dazu bei, Elektromobilität als Teil eines attraktiven und funktionellen Serviceökosystems zu etablieren.


Und wie würden Sie ein solches Geschäftsmodell im Kontext der Service-dominant Logic nach Vargo und Lusch sehen?

Dr. Pfeiffer: Indem Ladestationen nicht als isolierte Einheiten, sondern als Teil eines interaktiven Serviceökosystems verstanden werden, wird zur Wertschöpfung für alle Beteiligten beigetragen. Dies entspricht der Idee, dass der Wert nicht im Produkt selbst, sondern in dessen Nutzung und den damit verbundenen Services entsteht. In diesem Sinne handeln wir als Katalysatoren für Wertko-Kreation, indem wir die Bedingungen für eine optimierte Nutzung und ein bereicherndes Nutzererlebnis schaffen. Dieser Ansatz steht im Einklang mit der Vision von Vargo und Lusch, die einen Paradigmenwechsel hin zu einer servicezentrierten Wirtschaftswelt vorschlagen.


Welche Rolle spielen dabei digitale Technologien?

Dr. Pfeiffer: Digitale Technologien spielen eine zentrale Rolle in einem solchen ganzheitlichen Geschäftsmodellansatz und im Kontext der Service-Dominant Logic. Erstens tragen digitale Technologien zur Verbesserung des Nutzererlebnisses bei den Ladestationen bei. Durch digitale Plattformen, Apps und Smart Charging-Technologien können wir personalisierte Services anbieten, wie z.B. Echtzeitinformationen über die Verfügbarkeit von Ladestationen, flexible Tarifgestaltung und nahtlose Zahlungsmöglichkeiten. Zweitens unterstützen digitale Technologien die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten. Mit digitalen Kommunikationstools können wir effizient mit Partnern und Kunden interagieren, was zu schnelleren Entscheidungen und einem verbesserten Service führt.

Kurz gesagt, digitale Technologien sind unerlässlich für die Umsetzung unseres Geschäftsmodells. Sie ermöglichen es bessere Serviceerlebnisse zu schaffen und letztendlich den Wert, den wir im Rahmen der Service-Dominant Logic anstreben, zu maximieren.


Digitale Technologie in der Elektromobilität am Beispiel der Integration des Ladeprozesses in eine Mobile App
Digitale Technologie in der Elektromobilität am Beispiel der Integration des Ladeprozesses in eine Mobile App

Ausgehend von welchem bestehenden Geschäftsmodell würden Sie, Herr Dr. Pfeiffer, die Entwicklung eines Modells für einen Ladenetzwerkbetreiber empfehlen? Wäre das Geschäftsmodell eines Energieversorgers eine gute Grundlage?

Dr. Pfeiffer: Ja, das Geschäftsmodell eines Energieversorgers bietet tatsächlich eine solide Basis für die Entwicklung eines Ladenetzwerks. Energieversorger haben bereits die Infrastruktur, das Wissen und die Erfahrung im Energienetze und Energiebeschaffung, was essenziell für den Betrieb eines effizienten und nachhaltigen Ladenetzwerks ist. Neben dem Fachwissen ist es aus unserer Sicht jedoch entscheidend, dass Energieversorger in eine ganzheitliche Ausgestaltung des Ladeerlebnisses investieren. Dabei geht es darum, über den reinen Bau und Betrieb von Ladenetzes hinaus ein umfassendes Serviceangebot zu entwickeln, das Nutzererfahrung und lokale Partnerschaften miteinbezieht. Das bedeutet dabei keineswegs, dass der Energieversorger zum neuen Starbucks wird. Vielmehr muss in ein neues Verständnis von Partnerschaften und gemeinsame Werterzeugung investiert werden. In diesem Übergang zu einem stärker serviceorientierten Modell bieten wir mit energieparkmakler als Vermittler die Brücke, um Synergien zwischen Ladenetzbetreibern und lokalen Akteuren zu schaffen und so ein attraktives und nutzerzentriertes Ladeerlebnis zu schaffen.


Welche Rolle würde der Endkunde bzw. Ladende in einem solchen Modell spielen?

Dr. Pfeiffer: Die von energieparkmakler verfolgte Kernidee ist die Entwicklung echter Partnerschaften zwischen Betreibern und Standortpartnern, wobei der Endkunde stets im Mittelpunkt steht. Aus einer wissenschaftlichen Perspektive betrachten wir den Kunden als aktiven Mitgestalter im Prozess der Wertschöpfung. Unser Bestreben ist es, durch diese Partnerschaften ein umfassendes und kundenspezifisches Ladeerlebnis zu kreieren.

Hauptziel ist die Schaffung eines Ladeerlebnisses durch die Synergie von Betreibern und Standortpartnern, das nicht nur die Erwartungen der Endkunden erfüllt, sondern diese übertrifft. Wir legen großen Wert darauf, wie Ladestationen und ihre Umgebung das Nutzererlebnis beeinflussen, sei es durch zentrale Aspekte wie Toiletten, ergänzende Dienstleistungen oder die reibungslose Integration in den Alltag der Nutzer. Dabei entsteht der Wert nicht allein durch die technische Funktion der Ladestation, sondern durch das gesamte Serviceerlebnis, das in Kooperation unserer Partner entwickelt wird. Dies fördert die Entstehung eines attraktiven Serviceumfelds, das sowohl den Wert für den Kunden steigert als auch das Ladenetzwerk und den Standort nachhaltig stärkt.


Drei zentrale Empfehlungen: Förderung von Kooperationen, Einsatz digitaler Technologien zur Verbesserung des Kundenerlebnisses & Entwicklung eines serviceorientierten Geschäftsmodells
Drei zentrale Empfehlungen: Förderung von Kooperationen, Einsatz digitaler Technologien zur Verbesserung des Kundenerlebnisses & Entwicklung eines serviceorientierten Geschäftsmodells

In unserem Gespräch haben wir die entscheidende Rolle der Endkunden in der Entwicklung von Elektromobilitätsinfrastrukturen beleuchtet und gezeigt, welche Chancen die Herangehensweise der Service-Dominant Logic für die Ausgestaltung des Geschäftsmodell "Schnellladeinfrastruktur" beitet. Dr. Pfeiffer hat dargestellt, wie energieparkmakler als Vermittler zwischen Ladestationbetreibern und Standortpartnern fungiert, um nicht nur technische Lösungen, sondern ganzheitliche Serviceerlebnisse zu schaffen. Seine Vision zeigt deutlich, dass der Schlüssel zum Erfolg in der Elektromobilität in der nahtlosen Integration von Kundenbedürfnissen, digitalen Technologien und kooperativen Geschäftsmodellen liegt. Seine Einsichten bieten wertvolle Anregungen für die Zukunft der Branche und verdeutlichen, dass eine umfassende Betrachtung des Kundenerlebnisses und eine starke Serviceorientierung wesentlich für den Erfolg in der Welt der Elektromobilität sind. In diesem Kontext empfiehlt Dr. Pfeiffer, dass Ladestationbetreiber aktiv Partnerschaften mit lokalen Geschäften und Dienstleistern suchen sollten, um das Ladeerlebnis durch zusätzliche Annehmlichkeiten zu bereichern. Außerdem betont er die Wichtigkeit des Einsatzes digitaler Technologien, um personalisierte Services wie Echtzeitinformationen, flexible Tarife und einfache Zahlungsmethoden zu ermöglichen, die das Kundenerlebnis verbessern. Des Weiteren empfiehlt er Energieversorgern, die in den Markt der Elektromobilität eintreten, ein serviceorientiertes, partnerschaftsorientiertes Geschäftsmodell zu entwickeln, das über den reinen Bau und Betrieb von Ladestationen hinausgeht und ein umfassendes Ladeerlebnis bietet.

11 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page