Trends, praktische Einblicke und konkrete Handlungsempfehlungen
Willkommen zu unserer Serie "Hinter den Kulissen" von greenventors, in der wir tiefgehende Einblicke in die Entwicklungen und Herausforderungen der Elektromobilitätsbranche gewähren. Heute freuen wir uns, Adrian Brinster, Strategy Manager und Verantwortlicher der konzernweiten Strategie bei E.ON Drive Infrastructure, sowie Dr. Andreas Pfeiffer, Geschäftsführender Gesellschafter der greenventors GmbH, begrüßen zu dürfen. Beide Experten beschäftigen sich seit über einem Jahrzehnt mit der Entwicklung der Elektromobilität und bringen umfangreiche Erfahrungen aus der Industrie mit. Adrian Brinster leitet die globale Strategie von E.ON Drive Infrastructure und verfügt über umfangreiche Erfahrung in internationalen Projekten entlang der gesamten eMobility-Wertschöpfungskette. Dr. Andreas Pfeiffer unterstützt strategisch und operativ seit über 15 Jahren den Aufbau und die Weiterentwicklung verschiedener EMP-, CPO- und Roaming-Plattformen in der Elektromobilität.
Guten Tag Adrian und Andreas, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben. Möchten Sie uns zunächst einen Überblick über den aktuellen Markt für Elektrofahrzeuge und Ladeinfrastruktur in Europa geben?
Adrian Brinster: Natürlich, gerne. Der Markt für Elektrofahrzeuge stagniert derzeit in Deutschland, was unter anderem auf die Reduzierung der Förderprogramme zurückzuführen ist. Im Juni 2024 lag der Anteil der Elektroautos an den gesamten Pkw-Neuzulassungen bei 14,6 Prozent. Das ist weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Laut dem Kraftfahrt-Bundesamt machten die BEV im Juni 2023 noch 18,9 Prozent aller Neuzulassungen aus. Gleichzeitig sehen wir jedoch in anderen europäischen Märkten, wie Norwegen und den Niederlanden, ein kontinuierliches Wachstum. Laut dem EV-Ladeindex 2024 von Roland Berger wächst die Ladeinfrastruktur in allen Märkten, mit einem besonders starken Anstieg bei der Hochleistungsladeinfrastruktur in den letzten Jahren.
Dr. Andreas Pfeiffer: Genau, und es war auch eine Zeit, in der die Zusammenarbeit in der Industrie zur Schaffung von Standards, wie etwa Stecker- und Kommunikationsstandards, besonders wichtig war. Wir haben auch die Einführung von Roaming-Abkommen gesehen, die den EV-Fahrern mehr Flexibilität und Zugang zu verschiedenen Ladeinfrastrukturen ermöglicht haben. Heute liegt der Fokus stärker auf der Verdichtung des Netzwerks, der Integration des Ladens in den Alltag und der Verbesserung der Kundenerfahrung beispielsweise durch die Einführung von Plug & Charge oder den Einsatz von Kreditkartenterminals zur Direktbezahlung.
Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Herausforderungen und Chancen für CPOs in der aktuellen Marktsituation?
Adrian Brinster: Eine der größten Herausforderungen ist die Tatsache, dass das Angebot an Ladestationen die Nachfrage übersteigt. Laut der European Automobile Manufacturers' Association (ACEA) gibt es in Europa mittlerweile über 600.000 öffentliche Ladepunkte. Besonders im Bereich der DC-Ladeinfrastruktur wurde ein Anstieg von 80% verzeichnet. Eine Studie der European Federation for Transport and Environment zeigt, dass der Großteil der EU-Länder bereits Ende 2023 die für 2024 gesetzten AFIR-Ziele für die öffentliche Ladeinfrastruktur erreicht hat. Dies führt zu niedrigen Auslastungsraten, die für viele Betreiber eine finanzielle Belastung darstellen können. In den nächsten drei bis fünf Jahren erwarte ich eine Konsolidierungsphase, in der viele CPOs den Markt verlassen werden. Um diese schwierige Zeit zu überstehen, müssen Unternehmen äußerst effiziente Betriebsabläufe und ein stringentes Netzwerkmanagement implementieren. Außerdem sind erhebliche finanzielle Kapazitäten erforderlich, um niedrige Auslastungsraten über mehrere Jahre hinweg zu überstehen und andere Marktteilnehmer zu konsolidieren.
Dr. Andreas Pfeiffer: Es ist auch wichtig zu betonen, dass die gesamte IT-Infrastruktur immer wichtiger wird, um die Prozesse und Abläufe zu optimieren. Datenanalysen und die Nutzung von Big Data ermöglichen es, Nutzungsmuster vorherzusagen, die Stationsplatzierung zu optimieren und die Betriebseffizienz zu verbessern. Zudem sehen wir eine zunehmende Elektrifizierung neuer Fahrzeugtypen wie Taxis, Vans, Busse und Lkw, was neue Anforderungen an die Ladeinfrastruktur stellt. Laut dem Global EV Outlook 2023 der Internationalen Energieagentur wird erwartet, dass die Anzahl elektrischer Nutzfahrzeuge in den nächsten fünf Jahren um 50% zunehmen wird.
Wie hat sich die Standortstrategie von CPOs im Laufe der Jahre verändert?
Adrian Brinster: Früher lag der Fokus auf sehr attraktiven Standorten, wie Autobahnnähe, um den En-route Lade-Use-Case abzudecken. Heute sehen wir einen Wandel hin zur Verdichtung des Netzwerks, wobei nicht nur die Autobahnnähe entscheidend ist, sondern auch Destination-Standorte, wie Supermärkte, immer wichtiger werden. Das Laden wird zunehmend in den Alltag integriert, und CPOs erwerben verstärkt eigenes Land zum Aufbau von Ladehubs an strategisch ausgewählten Standorten. Laut Statista wurden im Jahr 2023 in Europa über 50% der neuen Ladestationen an solchen Destination-Standorten installiert.
Dr. Andreas Pfeiffer: Richtig, und wir sehen auch einen verstärkten Fokus auf die Customer Experience. Ausgereiftere Standortkonzepte mit Überdachung, Sanitäranlagen, Retail-Konzepten und Lounges werden immer häufiger. Nutzerfreundliche Apps und die Zuverlässigkeit der Ladeinfrastruktur sind ebenfalls entscheidende Faktoren. Außerdem gewinnen Prämien- und Mitgliedschaftsprogramme gerade von CPOs an Bedeutung, um mehr Kunden zu binden und mit zusätzlichen Leistungen wie dem Bezahlen zu Spotmarktpreisen zu gewinnen.
Welche Trends und Entwicklungen erwarten Sie für die Zukunft der CPOs?
Dr. Andreas Pfeiffer: Ich erwarte eine starke Marktkonsolidierung, getrieben durch Netzwerkgröße und operative Exzellenz. Wir sehen bereits heute, dass diverse CPOs neue Wege der Finanzierung gehen, wie die Gründung von Joint Ventures, zusätzliche private Investoren und M&A-Aktivitäten. Langfristig werden sich die CPOs mit dem langen Atem durchsetzen und am Markt bestehen. Prognosen zufolge werden bis 2030 weniger als die Hälfte der derzeit aktiven CPOs überleben.
Adrian Brinster: Zudem wird das Energiemanagement eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Erweiterung der Standorte um stationäre Batteriespeicher kann Netzengpässe umgehen und zusätzliche Einnahmen an Energie- und Leistungsmärkten generieren. Die Integration ins ganzheitliche Energiesystem mit PV und Wind wird ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus werden flexible Preisstrategien, basierend auf Nachfrage, Standort und Zeit, eingeführt, um die Auslastung der Ladeinfrastruktur zu optimieren. Die Nutzung von Big Data zur Vorhersage von Nutzungsmustern und zur Optimierung der Betriebsabläufe wird ebenfalls weiter zunehmen.
Adrian, Sie haben erwähnt, dass das Energiemanagement eine immer wichtigere Rolle spielen wird. Können Sie genauer erläutern, wie stationäre Batteriespeicher Netzengpässe umgehen und zusätzliche Einnahmen an Energie- und Leistungsmärkten generieren können?
Adrian Brinster: Gerne. Stationäre Batteriespeicher bieten die Möglichkeit, überschüssige Energie zu speichern und diese bei Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen oder für die Ladeinfrastruktur zu nutzen. Dies ist besonders nützlich, um Netzengpässe zu vermeiden, die entstehen können, wenn viele Elektrofahrzeuge gleichzeitig geladen werden. Darüber hinaus können wir durch die Speicherung und gezielte Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen wie Photovoltaik (PV) und Wind die Ladeinfrastruktur nachhaltiger gestalten. Auf den Energiemärkten können wir durch den Handel mit gespeicherter Energie zusätzliche Einnahmen generieren. Beispielsweise können wir Strom zu Zeiten hoher Nachfrage verkaufen, wenn die Preise höher sind, und zu Zeiten niedriger Nachfrage oder Überproduktion günstig einkaufen.
Welche Rolle spielt dabei die Integration ins ganzheitliche Energiesystem und wie wird dies die Preisstrategien und die Auslastung der Ladestationen beeinflussen?
Adrian Brinster: Die Integration ins ganzheitliche Energiesystem bedeutet, dass unsere Ladeinfrastruktur nicht isoliert betrachtet wird, sondern als Teil eines größeren Netzwerks, das erneuerbare Energiequellen, Speicherlösungen und intelligente Steuerung umfasst. Durch diese Integration können wir die Energieeffizienz maximieren und die Kosten senken. Flexible Preisstrategien spielen hier eine entscheidende Rolle. Indem wir die Preise basierend auf Nachfrage, Standort und Zeit dynamisch anpassen, können wir die Auslastung unserer Ladestationen optimieren. Wenn beispielsweise die Nachfrage hoch ist, können wir die Preise erhöhen, um den Anreiz zu schaffen, zu weniger belasteten Zeiten zu laden. Umgekehrt können wir die Preise senken, wenn die Nachfrage niedrig ist, um die Auslastung zu steigern.
Andreas, wie sehen Sie die Rolle des Energiemanagements und der dynamischen Preismodelle im Kontext der Elektromobilität und der Herausforderungen für Ladestationsbetreiber?
Dr. Andreas Pfeiffer: Das Energiemanagement und dynamische Preismodelle sind entscheidend für die Effizienz und Rentabilität der Ladeinfrastruktur. Um im Kontext der Elektromobilität Strom kostengünstig beschaffen zu können, ist neben einer geeigneten Strategie aus Termin- und Spotmarkthandel vor allem eine datenbasierte, dynamische Abnahmeprognose erforderlich. Diese muss das typische Ladeverhalten von Nutzergruppen, lokale Gegebenheiten der Ladeinfrastruktur und die steigende Anzahl an Elektrofahrzeugen berücksichtigen. Wir haben gesehen, dass eine genaue Prognose der Stromnachfrage und die Anpassung an dynamische Preismodelle eine effizientere Auslastung der Infrastruktur und höhere Einnahmen ermöglichen.
Welche konkreten Herausforderungen sehen Sie in der Praxis, wenn es um die Integration von erneuerbaren Energien und die Nutzung von Big Data zur Optimierung der Betriebsabläufe geht?
Dr. Andreas Pfeiffer: Eine der größten Herausforderungen ist die Koordination zwischen verschiedenen Akteuren im Energiemarkt und Elektromobilitätsmarkt. Die digitale Vernetzung ist essenziell, um ein effizientes Ökosystem für die Elektromobilität zu schaffen. Durch den Austausch von Daten können Energiemärkte, e-Mobility Service Provider und CPOs zusammenarbeiten, um die Ladeinfrastruktur auszubauen, die Stromnachfrage zu prognostizieren und zu steuern, die Kundenerfahrung zu verbessern und erneuerbare Energien zu integrieren. Ein Beispiel dafür ist die Nutzung von Big Data zur Vorhersage von Nutzungsmustern und zur Optimierung der Betriebsabläufe. Dies erfordert jedoch robuste IT-Systeme, fortschrittliche Analysewerkzeuge und eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.
Adrian, wie nutzen Sie Big Data zur Vorhersage von Nutzungsmustern und zur Optimierung der Betriebsabläufe in diesem Kontext?
Adrian Brinster: Unsere Datenplattform ermöglicht es uns mit Werkzeugen wie Machine Learning, große Mengen an Daten zu sammeln und zu analysieren, um Nutzungsmuster und Trends zu identifizieren. Diese Daten stammen aus verschiedenen Quellen, einschließlich der Ladeinfrastruktur, Energieverbrauchsdaten und externen Faktoren wie Urlaubs- und Ferienzeiten. Mit diesen Informationen können wir Vorhersagemodelle erstellen, die uns helfen, die Nachfrage zu prognostizieren und entsprechend zu reagieren. Zum Beispiel können wir voraussagen, wann und wo die Nachfrage am höchsten sein wird und sicherstellen, dass ausreichend Kapazität zur Verfügung steht. Darüber hinaus können wir durch die Analyse dieser Daten die Effizienz unserer Betriebsabläufe verbessern, indem wir Wartungszeiten optimieren und potenzielle Ausfälle frühzeitig erkennen. Dies trägt dazu bei, die Zuverlässigkeit unserer Infrastruktur zu erhöhen und die Kundenzufriedenheit zu steigern.
Andreas, wie können digitale Vernetzung und datenbasierte Geschäftsmodelle Ladestationsbetreiber dabei unterstützen, die Herausforderungen des Energiemarktes zu bewältigen?
Dr. Andreas Pfeiffer: Die digitale Vernetzung schafft ein effizientes Ökosystem für die Elektromobilität. Durch den Austausch von Daten können Energiemärkte, e-MSPs und CPOs zusammenarbeiten, um die Ladeinfrastruktur auszubauen, die Stromnachfrage zu prognostizieren und zu steuern, die Kundenerfahrung zu verbessern und erneuerbare Energien zu integrieren. Standardisierung der Systeme und ihre Vernetzung sind dabei besonders wichtig. Nur so kann die Interoperabilität und Skalierbarkeit sichergestellt werden, um einen reibungslosen Betrieb des Elektromobilitätssystems zu gewährleisten. Bei greenventors unterstützen wir Unternehmen dabei, diese digitalen und datenbasierten Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen. Dies umfasst unter anderem die Nutzung von THG-Quoten und die Integration von Spotmarktbeschaffung und dynamischen Preisen, um die Gewinnmargen zu maximieren und das Strompreisrisiko zu managen.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit verschiedenen Stakeholdern und was sind die Hauptlehren, die aus reiferen Märkten auf neue Märkte übertragen werden können?
Adrian Brinster: Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Stakeholdern ist essenziell. Wir haben gelernt, dass eine enge Kooperation mit Regierungen, Netzbetreibern, Energieversorgern und Automobilherstellern notwendig ist, um eine effiziente und nutzerfreundliche Ladeinfrastruktur aufzubauen. Aus reiferen Märkten können wir viele Lehren ziehen, insbesondere was die Standortwahl und die Integration von Ladeinfrastruktur in den Alltag betrifft. Wichtig ist auch, dass wir ausgereifte Betriebskonzepte und Technologien nutzen, um die Ausfallzeiten der Ladeinfrastruktur zu minimieren und die Kundenzufriedenheit zu maximieren.
Dr. Andreas Pfeiffer: Absolut. Es ist wichtig, die unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Märkte zu verstehen. In reiferen Märkten haben wir gesehen, dass die Zuverlässigkeit und Benutzerfreundlichkeit der Ladeinfrastruktur entscheidend sind. Diese Erkenntnisse können auf neue Märkte übertragen werden, um eine solide Basis für die Skalierung der Ladeinfrastruktur zu schaffen und gleichzeitig die Kundenerfahrung zu verbessern.
Andreas, die AFIR-Richtlinie verlangt die Installation von Payment-Terminals an Ladestationen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung, insbesondere im Hinblick auf das Roaming-Geschäftsmodell?
Dr. Andreas Pfeiffer: Die AFIR-Richtlinie ist ein bedeutender Schritt nach vorne, da sie die Ad-hoc-Zahlung an Ladestationen erleichtert und damit die Nutzung von Elektrofahrzeugen für Endkunden attraktiver macht. Als Pionier im Bereich Roaming habe ich die Entwicklung von Roaming-Plattformen wie e-clearing.net und Hubject unterstützt, weil wir damals davon ausgingen, dass es hunderte von CPO- und EMP-Plattformen geben würde.
Und das ist jetzt nicht der Fall? Welche Auswirkung hat dies auf das Geschäft des CPOs?
Dr. Andreas Pfeiffer: Der Markt hat sich jedoch anders entwickelt, wir haben heute vielleicht ~20 relevante Plattformen auf den das CPO-Geschäft abgebildet wird. Auf der EMP-Seite sind es nicht deutlich mehr. Hier benötigt es nicht mehr einheitliche technische Standards und flexible Tarifsysteme. Daher beobachten wir auch, dass viele CPOs anfangen ihre eigenen Payment-Lösungen zu bevorzugen, da sie damit direkte Kundenbeziehungen aufbauen und die Preisausgestaltung besser und direkter steuern können. Payment-Terminals an den Ladestationen ermöglichen es den CPOs, direkt mit den Endkunden zu interagieren, was beispielsweise an hochfrequenten Standorten von Vorteil ist, um den Energieeinkauf und das Pricing zu synchronisieren.
Sie erwähnten auch technische Lösungen. Waren Payment-Terminals früher nicht schon möglich?
Dr. Andreas Pfeiffer: Technisch waren Payment-Terminals schon früher möglich, aber sie hätten in der damaligen Marktkonstellation zusätzliche Kosten verursacht, die aus unserer Sicht erst mit der Einführung von HPC-Ladeinfrastruktur wirtschaftlich abbildbar sind. Die Regulierung durch die AFIR-Richtlinie ist nun erforderlich geworden, um eine flächendeckende Einführung zu unterstützen und den schlechteren Marktentwicklungsstand zu nivellieren.
Adrian, wie sehen Sie als multinationaler CPO die Rolle von EMPs und die Auswirkungen der AFIR-Richtlinie auf Ihr Geschäftsmodell?
Adrian Brinster: Die Rolle der Elektromobilitätsanbieter entwickelt sich weiter, da sich der Markt und das regulatorische Umfeld verändern, insbesondere mit der Einführung der AFIR-Richtlinie. Während das traditionelle Geschäftsmodell der EMPs durch den Bedarf an größerer Transparenz und Echtzeitdaten herausgefordert wird, bleibt es für bestimmte Segmente, wie etwa Flottenkunden, eine entscheidende Komponente. Als multinationaler Ladepunktbetreiber verpflichten wir uns, stets aktuelle Informationen über unsere Ladeinfrastruktur auf allen Plattformen bereitzustellen, im Einklang mit den AFIR-Anforderungen. Wir beobachten auch einen zunehmenden Trend hin zu Spotmarktpreisen an Ladestationen, was uns dazu zwingt, an jedem Standort als Energieeinkäufer aufzutreten. Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass EMPs innovativ sein und sich anpassen müssen, um in diesem dynamischen Umfeld weiterhin einen Mehrwert zu bieten.
Abschließend, was bedeutet diese Regulierung für die Zukunft des Roaming-Geschäftsmodells?
Dr. Andreas Pfeiffer: Die Einführung von Payment-Terminals ermöglicht es, zusätzliche Margen, die Intermediäre im Roaming-Geschäft abgreifen könnten, zu vermeiden. Es wird jetzt zur Marktfrage, welche Modelle langfristig sinnvoll sind. Direkte Kundenbeziehungen, Kontrolle über die Preisgestaltung, Chashflow-Vorteile und erhöhte Kundenakzeptanz sind deutliche Vorteile des Direkt-Payment-Ansatzes aus Perspektive eines Ladestationsbetreibers, der erhebliche Investitionen getätigt hat. Gleichwohl bieten insbesondere im Flottengeschäft Roaming-Modelle Vorteile und haben sicherlich ihre Berechtigung.
Adrian, können Sie ein konkretes Beispiel aus der Praxis nennen, welches diesen Ansatz verdeutlicht?
Adrian Brinster: Ja, gerne. Wir haben kürzlich ein Pilotprojekt für dynamische Preisgestaltung in Kopenhagen durchgeführt. Dieses Projekt zeigt, wie wir als CPO die Preisgestaltung direkt steuern können, um die Auslastung unserer Ladeinfrastruktur zu optimieren und den Kunden faire Preise zu bieten. In diesem Projekt konnten wir durch dynamische Preisgestaltung die Zahl der ermäßigten Ladevorgänge im Laufe der Projektlaufzeit verdoppeln.
Welche spezifischen Vorteile sehen Sie durch die direkte Payment-Lösung in diesem Projekt?
Adrian Brinster: Der direkte Payment-Ansatz hat deutliche Vorteile: Er ermöglicht eine engere Kundenbeziehung und verhindert, dass Intermediäre zusätzliche Margenvorteile einstreichen, die sonst nicht an den Kunden weitergegeben werden könnten. In Kopenhagen konnten wir durch dynamische Preisgestaltung eine Auslastungssteigerung erzielen und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit erhöhen. Kunden profitieren von transparenten und fairen Preisen, die in Echtzeit auf die aktuelle Nachfrage reagieren. In diesem Projekt erfolgte die Zahlung zwar noch nicht direkt durch Kreditkarte, sondern über eine Webpage-Direktbezahlung. Dennoch hat sich gezeigt, dass dies genau das ist, was Kunden möchten, da so auch konkrete Nachfragen gesteuert werden können.
Wie wurde das Projekt in Kopenhagen von den Kunden angenommen und welche Auswirkungen hat es auf Ihre zukünftigen Strategien?
Adrian Brinster: Das Projekt wurde sehr positiv angenommen. Die Kunden schätzen die Transparenz und die fairen Preise, die wir durch die dynamische Preisgestaltung bieten können. Diese positiven Erfahrungen bestärken uns darin, ähnliche Ansätze auch in anderen Märkten umzusetzen, insbesondere in den Nordics, die häufig als Pioniermärkte für die Umsetzung neuer Ansätze genutzt werden. Wir haben gesehen, dass die Kundenzufriedenheit gestiegen ist. Diese Strategie wollen wir auf andere europäische Städte übertragen, um unsere Geschäftsmodelle weiter zu optimieren und den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.
Dr. Andreas Pfeiffer: Lassen Sie mich gerne noch hier ergänzen, dass in diesem Projekt ja noch keine direkte Zahlung mit Kreditkarte oder Plug-n-Charge stattgefunden hat, sondern dass die Kunden hier klassisch über eine Webpage agieren mussten. Stellen Sie sich die enorme Verbesserung in der Customer Journey vor, die hier möglich sind und den klaren Vorteil von einer direkten Beziehung zwischen CPOs und Kunden noch einmal unterstreichen. Aus rein kommerzieller Perspektive bieten hier roamingbasierte Ansätze keinerlei Vorteil für den Kunden und die Business Value.
In diesem Interview beleuchten Adrian Brinster und Dr. Andreas Pfeiffer die aktuellen Herausforderungen und Chancen in der Elektromobilitätsbranche. Sie diskutieren die stagnierenden Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen in Deutschland, die wachsende Ladeinfrastruktur in Europa und die veränderten Standortstrategien der CPOs. Zudem wird die Bedeutung von Energiemanagement, dynamischen Preismodellen und digitaler Vernetzung hervorgehoben. Die Experten betonen die Vorteile von Payment-Terminals und direkte Payment-Lösungen an Ladestationen, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und die Auslastung der Ladeinfrastruktur zu optimieren. Ein Pilotprojekt in Kopenhagen dient als konkretes Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung dieser Ansätze und unterstreicht die zukünftigen Strategien zur Weiterentwicklung der Elektromobilität.